Ich tritt ein in unser Zimmer. Es war leer, was nicht verwunderlich war. Ich selbst war auch tagsüber selten hier. Heute hatte ich allerdings keine Lust mehr, mich in die Bibliothek zu setzen. Ich wusch mir die Pfoten, öffnete einige Knöpfe an der Schuluniform und setzte mich hin, um in einem Roman zu lesen. Es handelte sich um einen Krimi. Ein Kind war von einer kriminellen Bande entführt worden. Ab und zu schaute ich auf die Uhr, um nicht das Gefühl über sie zu verlieren.

(ihr seid gleich groß)

Ich stand auf und nahm das Tablett in die Hand. Die Plätze um uns herum hatten sich inzwischen stsrk gefüllt mit einer Gruppe Kleinkatzen, die lautstark tratschten. "Ich bin vielleicht heute Abend nochmal im Judoclub. Komm ruhig einfach vorbei, wenn du nichts zu tun hast", sagte ich über den Lärm zu Tora, nickte zum Abschied und brachte meine Sachen weg. Darrine konnte ich nicht mehr entdecken, weshalb ich einfach auf mein Zimmer ging.

->Zimmer 1 der Carnivoren

Ich hatte aufgegessen und putzte mir die Schnauze ab. "Und ich kann dich mal durch die Clubräume vom Judo-Club führen, wenn du magst. Vielleicht findest du es ja ansprechend." Ich legte mein Tuch auf dem Tablett ab und wartete, dass auch die andern beiden ihre Mahlzeit beendeten.

Ich begann nun auch, mir Mundgerechte Stücke ins Maul zu führen, während ich Tora lauschte. Nun verstand ich auch, warum Nano sie angesprochen hatte, sie schienen sich flüchtig zu kennen. Unweigerlich musterte ich sie. Sie wirkte schon sportlich, war groß und kräftig. Vielleicht wäre sie ja etwas für unsere Basketballmannschaft. "Es gibt viele Clubs, die einem auch helfen, Stress abzulassen und Anspannung zu verlieren", erwähnte ich.

Es war gut hörbar, dass ihr die Vorstellung, mit Pflanzenfressern auf eine Schule zu gehen nicht gefiel und dachte darüber nach. Natürlich war es einfacher, so musste man nicht seine Mitschüler mit zweierlei Maß messen. Andererseitskam man nicht unhin, es irgendwann zu lernen, wenn man noch ein Leben nach der Schule führen wolte. "Und in welchen Clubs bist du eigentlich?"

Ich schaute auf das Essen. Es handelte sich um ein Tofusteak. Ich konnte das quietschen zwischen meinen spitzen Zähnen schon hören, noch bevor ich mein Besteck zur Hand nahm, aber ich ließ mir wie immer nichts anmerken. Meine Ohren drehten sich zu der Tigerin, bevor ich auch mein Gesicht zu ihr richtete, in Erwartung, dass sie zu erzählen begann.

"Dann folgt mir", sagte ich und ging voraus zu dem Platz, an dem ich immer saß. Es war das Ende einer der Tischreihen, die sich durch den Essraum zogen, direkt an der Fensterwand. Ich stellte mein Tablett auf den Tisch, wartete aber mit dem Hinsetzen auf meine Begleitung. Die Cafeteria war zwar zu dieser Zeit voll, aber an diesem Tischende waren einige Plätze frei.

Ich war gerade an die Reihe gekommen, mir ein Tablett zu nehmen, als ich hinter mir ein Gespräch wahrnahm. Ich drehte mich um und meine Augen bestätigten, was mir meine Ohren bereits berichtet hatten. Nano war mit einer Tigerdame ins Gespräch gekommen. Ich kannte sie nicht, was nicht bedeuten musste, dass sie mich nicht kannte. Ich lächelte ihr zu, als sie berichtete, dass sie neu an der Schule war und sagte: "Auch von mir ein herzliches Willkommen, Tora", als gerade keine der beiden Mädchen redete. Ich hob bedeutsam mein Tablett an, un zu zeigen, dass sie dran waren und fragte rein aus Höflichkeit: "Möchtest du dich zum Essen zu uns setzen?"

So schnell sich Waiata eingemischt hatte, so schnell war er auch schon wieder weg. Somit war der Fokus also wieder auf dem Essen. Der Hunger kroch weiter in mir hoch und ich wollte mich nicht dabei erwischen lassen vor Appetit die Zähne zu Fletschen oder gar zu Speicheln. "Nun also zum Essen", sagte ich zu Nano, aber auch einladend zu meinen Caniden Freunden. Dann überwand ich endlich die Schwelle zu Cafeteria, auf der wir die ganze Zeit gestanden hatten und stellte mich an der Essensausgabe an. Ein paar junge weibliche Kleinräuber kicherten und baten mir ihren Platz in der Reihe an, als sie mich erblickten, aber ich lehnte dankend ab, sodass meine Essenskumpanen und ich ohne Lücke waren.

Nachdem das Drama sich gelegt hatte, war auch die Wolke der Beobachter um uns herum verschwunden, alle gingen wieder ihrem Geschäft nach. "In Ordnung." Ich drehte mich gerade zu meinem Zimmergenossen um, um die Frage an beide weiterzuleiten, als uns eine Stimme ansprach. Ich identifizierte ihre Quelle als Waiata, dem femininen Ziegenbock aus dem Technikteam.
Ich nickte dem Schüler knapp zu und wartete ab, ob er noch ein anderes Anliegen hatte, als zu grüßen.

Mit zu Schlitzen verengten Augen sah ich der Erstklässlerin hinterher, reagierte dann aber auf Nano. "Keine Ursache. Ich glaube dir, dass du nicht damit gerechnet hast. Wir können trotzdem Essen gehen, wenn wir schonmal hier sind." Mein Blick folgte ihren Händen, die in den Falten des Kleides verschwanden.

Immer mehr zweifelte ich daran, dass das eine gute Idee gewesen war. Das Karnickel murmelte Nano irgendetwas zu und kam dann auf allen vieren an mein Bein gerannt. Ich wartete immernoch auf eine Entschuldigung für ihre diffamierende Unterstellung, als die Erstklässlerin auf die Idee kam, mir eine Forderung zu stellen. Ja, ich setzte mich für Frieden zwischen Herbivoren und Carnivoren ein, aber dass hieß nicht, dass ich mich respektlos behamdeln lassen würde. Immer mehr Mitschüler beobachteten mich.
Auf die Zwergin an meinen Schuhen zeigte ich jedoch keine Reaktion und sah stattdessen zu der Zebradame. Streng genommen hatte sie mich in diese Situation gebracht, aber sie wirkte auch nicht, als hätte sie damit gerechnet.

"Diese Unterstellung ist eine Beleidigung", merkte ich an. "Cherryton Academy ist ein Symbol für friedliches Zusammenleben zwischen den Arten", erklärte ich stolz. Ich blieb weiterhin voll erhoben. Immerhin war ich zwei Jahrgänge über dem Mädchen.

"Wenn ich dir was tun würde, wäre ich in größeren Schwierigkeiten als du", dachte ich, aber ich sagte es natürlich nicht. "Du brauchst dich nicht zu fürchten. Solange du nicht dem Judoclub beitrittst, werde ich dich nicht anrühren", versicherte ich und achtete wie gewohnt darauf, beim Reden nicht mein Gebiss zur Schau zu stellen. Darrine fand sich nicht an meiner Seite ein, was ich auch nicht erwartet hatte. "War das wirklich eine gute Idee?", fragte ich mich, als ich wieder zu dem Kaninchen sah, welches in ihrem Angstschweiß zu ertrinken schien. "Ich heiße Toru Kurotsuchi. Ich bin Junior an dieser Schule. Und du bist?" Ich lächelte sie mit verschlossenen Lippen an, machte aber keine Anstalten, meine Körperhaltung zu verändern.

Ich musste zugeben, der kleine Mischling war ganz schön stur, dass er mir dafür zur Zeit des größten Andrangs in die Cafeteria folgte. Sonst wollte er immer lieber später essen, wenn kaum noch wer da war. In unserem Zimmer wäre ich für eine Rauferei zu haben gewesen, hier drückte ich ihn nur für einen Moment auf den Kopf und schob ihn so etwas weg. "Du hast wohl Heißhunger bekommen?", scherzte ich und ging dann auf Nano zu. "Bitte entschuldigt meine Verspätung", verkündete ich und wartete ab.

Ich ging durch die Gänge zu dem charakteristischen Geruch der Cafeteria. Es war ein heidengedränge, und wie so oft machten ab und zu jüngeren Kleintiere bei meinem Anblick mehr Platz als notwendig wäre, dass ich durchkam. Ich wünschte es mir nicht, auch wenn es doch seine praktischen Aspekte hatte und mir auch Selbstbewusstsein gab. Und dagegen wehren konnte ich mich ohnehin nicht. Es wahren auch Schüler, mit denen ich Kurse teilte anwesend, aber ich war spät dran. Ältere Mitschüler ließ man nicht auf sich warten.
Ich blieb stehen und nutzte meine Größe aus, um über die Massen hinweg das Zebra auszumachen. Ich hob meine Pfote, damit sie mich sah. Sie war in Begleitung eines...verschwindend kleinen Kaninchens.

"Es gibt genug Essen in der Cafeteria, man muss nur dran kommen", schoss ich zurück. Dann ging ich zur Tür hinaus.

-> Die Cafeteria

"Eine Mitschülerin aus dem Judo-Club." Ich wandte mich vom Bett ab und lehnte mich gegen den Tisch, um Darrine besser sehen zu können. "Sie will, dass ich eine neue Schülerin kennen lerne. So als Vorzeige-Fleischfresser." Ich lächelte breit.

Die Geräusche wurden leiser und meine empfindlichen Ohren entspannten sich. "Wieso 'schon'? Schau doch mal aus dem Fenster", neckte ich. Ich konnte mir gut vorstellen, dass sich der Wolfshund nicht einen Centimeter vom Fleck bewegt hatte, seitdem ich meine Bücher hier zugeschlagen hatte. "Ich bin zum Essen verabredet", erklärte ich, dass ich gleich wieder gehen würde. Durch den Vorhang vor meinem Bett fiel mein Blick auf mein Brillenetui. Seufzend steckte ich es ein.