N-nein. Ich wich etwas zur Seite, als er den Kopf so schnell drehte und atmete einige Male tief durch, ehe ich anhielt und hoffte er würde das selbe tun. Hier waren viele andere Tiere, er würde mir schon nichts tun. Ganz sicher nicht. Nein, bitte hör mir zu, es geht um Tategami. Mir ging auf, dass es eine gute Chance gab, dass Arai nicht einmal wusste wie Tategami hieß, also erklärte ich mich lieber weiter. Das Kaninchen dem du im Garten Club ausgeholfen hast.

Unter meinem Fell erbleichte ich und ich hatte mühe damit ruhig zu bleiben. Arai sagte das ja nur so, er würde so etwas nie wirklich tun, das durfte er gar nicht, nicht an dieser Schule, nicht, wenn er hier bleiben wollte, und das wollte er sicherlich. Bitte rede nicht so böse über sie, das hat sie nicht verdient. Ich wollte dich nur bitten, dass du dich mit ihr zu einem klärenden Gespräch hinsetzt, in Anwesenheit eines Lehrers oder eines Vertrauensschülers, sie hatte wirklich große Angst und es würde ihr gut tun damit abzuschließen. Jetzt war es heraußen, ich hatte mühe nicht meinem Fluchtinstinkt nachzugeben, der mich anschrie nach einer solchen Aussage schnell das Weite zu suchen.

Mir entfuhr ein erstickter Schrei und ich stolperte zurück, bis mein Rücken an die nächste Wand stieß, Panik verwischte meine Sicht und ich hob schwach, aber abwehrend die Hände, um sie gegen Arai zu drücken. Nicht. Bitte, bitte nicht. Ich hörte kaum was er mir sagte, zu sehr war ich in panischer Angst versunken, Teils, weil Arai mich bedrohte und Teils, weil er mich so plötzlich angefasst hatte, ich konnte das nicht ertragen, und noch dazu war er ein Raubtier, ein aggressives auch noch. Ich konnte nichts anderes tun als zu flehen und zu betteln, schon nicht einmal mehr wirklich in dieser Situation, sondern in einer ganz anderen, vergangenen.

Ich hatte eigentlich gar nicht mitbekommen, was passiert war, aber mir klappte beinahe die Kinnlade herunter. Nicht einmal Arais böse Blicke hielten mich davon ab, einzuschreiten. Antora hatte eine eindeutige Panikattacke, Arai stand vor ihm, mit verschränkten Armen. Klar hatte ich Angst vor ihm, aber ich wusste, wie er drauf war und dass sicher irgendwas vorgefallen war, was Antora in diese Panikattacke versetzt hatte. Es erinnerte mich an diese auf der Bühne im Theaterclub, nur dass ich dieses Mal kein Kostüm hatte, das ihn ablenken konnte.
Sofort war ich bei ihm und kniete mich neben ihn. Wo sollte ich anfangen. "Antora, Hey! Es wird alles gut! Erkennst du mich? Ich bin der mit den Kostümen, Kashi? Erinnerst du dich noch an das super coole Kostüm für die nächste Aufführung?", redete ich beruhigend auf ihn ein. Er wirkte so abwesend, dass ich mir gsr nicht sicher war, ob er mich hörte. Allerdings machte ich Arai weder Vorwürfe, noch sagte ich ihm, was zu tun war. Ich wusste gut genug, dass man es damit nur noch schlimmer machen konnte.

Ich war an der Wand herabgesunken, nachdem Arai mich wieder losgelassen hatte und krallte die Finger in mein Hemd, über dem Herzen. Meine Schultern zuckten unkontrolliert und zwischen leisen, verzweifelten Schluchzern und schmerzhaften Atemzügen hörte man immer wieder kaum hörbare, flehende, gewimmerte Worte, die immer wieder den selben Laut hatten. Nicht, bitte und nein. Ich war völlig in meiner eigenen Welt gefangen, bis sich die Schatten um mich herum plötzlich änderten und jemand vor mir kniete. Ich hob nur leicht den Blick, doch schien Kashi nicht wirklich zu sehen, angstvoll drückte ich mich noch fester gegen die Wand, eine Hand streckte ich in blinder Furcht vor mich, wie um jemanden abzuwehren.

Ich weiß zwar, wie Arai drauf ist, aber was genau hab ich verpasst, dass es hierzu geführt hat?, fragte ich mich innerlich, doch darum konnte ich mir auch später Gedanken machen. Genauso wie um den Fakt, dass Arai vermutlich alles andere als begeistert darüber war, dass ich seine Blicke ignoriert hatte. Was nichts daran änderte, dass Antora und ich Freunde waren, und Freunden musste man immer zu Hilfe kommen. Es war sehr gut, dass Arai die restlichen Gaffer verscheuchte, es wurde ruhiger auf dem Gang, das würde sicherlich nur helfen.
Viel mehr machte mir Antoras Zustand Sorgen, er war vollkommen weg. Ich bemerkte, dass er innerlich in einer vollkommen anderen Situation war, er drückte sich noch mehr an die Wand und streckte, als würde er jemanden abwehren wollen. Leider schien er mich gar nicht zu hören. Vorsichtig legte ich meine Handfläche auf seine, versuchte, mit ein wenig Körperkontakt etwas zu erreichen. "Antora. Du bist an der Cherryton. Es ist alles gut, hörst du?", versuchte ich es weiter, war nur ganz vorsichtig, redete weiter beruhigend auf ihn ein. Irgendwie musste ich zu ihm durchdringen.

Etwas berührte meine Hand und auch wenn ich damit gerechnet hatte, ich hatte sie immerhin ausgestreckt um etwas abzuwehren, so zuckte ich doch heftig zusammen, als es zum Kontakt kam. Allerdings war es nicht das womit ich gerechnet hatte, denn dieses etwas fühlte sich viel mehr an wie eine Hand. Ich hielt die meine aber weiterhin ausgestreckt, denn diese Berührung war real und das ließ mich meine Umgebung doch wieder etwas mehr erkennen. Was sagte die Stimme da? Cherryton. Cherryton... meine Schule. Konnte es sein? war ich gar nicht mehr dort? Langsam schien mein Blick sich doch zu fokussieren, und zwar auf die Gestalt vor mir, ein Mitschüler, den ich erst nach einigen Momentan als Kashi erkannte, er trug sein Kostüm nicht und nur in dem hatte ich bisher mit ihm geredet. Ich schluchze leise und rau auf, verzweifelt, denn die Angst hielt meinen Körper immer noch fest gepackt und ich hatte das Gefühl gleich ohnmächtig zu werden, viel zu schnell und zu flach ging mein Atem, es fühlte sich an, als wäre in meiner Kehle ein starker Engpass der einfach nicht genug Luft hindurch ließ!

Leider hatte ich noch nicht so viel Ahnung, wie man gegen eine Panikattacke, wie er sie hätte, vorgehen konnte. Einen Moment sah ich überrascht zu Arai, ehe ich nickte und kurz lachelte: "Danke." Danach wandte ich mich wieder Antora zu.
Sein Blick schien sich fokussiert zu haben, also hörte er mich wohl, was mich erleichterte. Ich nahm meine Hand nicht weg, auch wenn er heftig zusammen gezuckt war. "Okay, hör mir zu. Ich zahle immer bis zwei. Bei eins armest du tief ein und bei zwei wieder aus. Alles klar?" Lange wartete ich nicht auf eine Antwort und begann zu zählen, langsam, sodass er langsamer atmen würde müssen, wenn er auf mich hörte: "Eins. Zwei. Eins. Zwei…"

Man hörte nun ein Geräusch von mir, das beinahe wie ein verzweifeltes Winseln klang, ich wusste einfach nicht wohin mit mir, es war mir alles zu viel, ich hatte das Gefühl zu sterben, einfach zu ersticken und umzufallen, aber ich wollte nicht sterben, auf keinen Fall, ich hatte Angst davor. Ich versuchte mich darauf zu fokussieren was Kashi sagte und auch wirklich seinem Takt zu folgen, doch ich schaffte es nicht. Ich ließ den Kopf sinken und unterbrach den Blickkontakt, verzweifelte Tränen benetzten mein Gesichtsfell, Angst ließ meinen Körper zittern, alles schien auf mich einzudrücken.

Ich war wirklich überrascht davon, wie Arai sich einbrachte und mir mit Anweisungen, wenn auch auf seine Art, half. Kurz stieg Verlegenheit, Antora damit nah zu sein, auf, allerdings besann ich mich eines besseren und riss mich zusammen. Das ist der falsche Moment für Verlegenheit. Hilf lieber Antora gegen die Panik.
Ich führte nun seiner ausgestreckten Hand an meine Brust und rutschte dazu etwas näher zu ihm hin. "Antora? Du kannst gleich durch deine Hand fühlen, wie ich atme. Wir atmen gemeinsam tief ein und aus. Es geht los." Kurz darauf atmete ich ganz tief und ruhig ein, sodass er spüren konnte, wie sich meine Brust dabei hob, und bald darauf nach dem Atemzug wieder senkte.

Ich hörte nur dumpf was Arai sagte, spürte aber deutlich, wie meine Hand wo anders hin geführt wurde. Schwach versuchte ich sie wegzuziehen, doch da lag sie bereits auf Kashis Brust, die sich langsam und regelmäßig unter meinen Fingern hob und senkte. Ich hyperventilierte noch einige Zeit lang weiter, während ich verzweifelt versuchte dem Rhythmus zu folgen, den Kashi vorgab, bis es mir erst hier und da gelang, ehe es ein bisschen leichter wurde und ich wieder das Gefühl hatte zumindest genug Luft zu bekommen, dass ich nicht gleich umkippen würde. Ohne, dass ich es bemerkte, krallte ich meine Finger in Kashis Oberteil, wie um ihn fest und bei mir zu halten.

Komm schon, das muss funktionieren! Ich blieb wo ich war und atmete immer weiter, tief ein und aus, auch als er sich plötzlich in mein Oberteil krallte, so als wolle er auf keinen Fall, dass ich ging. Dankbar nickte ich Arai zu, ehe ich mich weiterhin stumm darauf konzentrierte. Ich würde erst sprechen und damit aufhören, wenn es Antora wieder besser ging.

Ich bekam wieder Luft, doch immer noch fühlte sich die Welt unwirklich an, mein Herz raste und jedes noch so kleine Geräusch brachte mich dazu zusammen zu zucken, doch immerhin hatte ich nicht mehr das direkte Gefühl in Ohnmacht zu fallen oder gar zu sterben, was immerhin ein gewisser Fortschritt war. Ich hatte nun realisiert, dass ich wirklich nicht dort war wo ich dachte, dass ich wäre, sondern zusammengekauert auf einem Gang in der Cherryton Academy, vor mir zwei Carnivore, wobei ich mich an einem festkrallte. Es war Kashi, dessen Atembewegungen ich immer noch folgte, hinter ihm stand Arai, der genervt aussah, aber wenigstens nicht mehr aggressiv. Scham stieg in mir auf, da ich es hasste Panikattacken vor anderen zu bekommen und das auch noch mitten auf dem Gang, gerade, dass nicht alle die vorbei kamen bei uns stehen geblieben waren, das hätte ich vermutlich nicht auch noch verkraftet. Ich wandte beschämt den Blick ab und zog mich noch etwas mehr zusammen, die Knie an die Brust, die Arme um sie geschlungen, auch wenn ich dafür Kashi loslassen musste, was ich eigentlich nicht gerne tun wollte. Tut mir leid. Meine Stimme zitterte, war rau und sehr leise, es war schwer überhaupt etwas zu sagen, doch ich musste das rausbringen. Das war ja so peinlich.