Ich musste zugeben, der kleine Mischling war ganz schön stur, dass er mir dafür zur Zeit des größten Andrangs in die Cafeteria folgte. Sonst wollte er immer lieber später essen, wenn kaum noch wer da war. In unserem Zimmer wäre ich für eine Rauferei zu haben gewesen, hier drückte ich ihn nur für einen Moment auf den Kopf und schob ihn so etwas weg. "Du hast wohl Heißhunger bekommen?", scherzte ich und ging dann auf Nano zu. "Bitte entschuldigt meine Verspätung", verkündete ich und wartete ab.

Ich wollte gerade eine Antwort geben, da wurde ich davon unterbrochen dass Nano sich leicht ab wand und in eine bestimmte Richtung sah. Ich stellte mich auf die Zehen und schnupperte kaninchen-typisch in der Luft und sah in die Richtung, in welche Nano blickte. Sofort wurde ich vollkommen starr, was dazu führte dass ich das Gleichgewicht verlor und rücklings umfiel, nicht ohne vorher ein erschrockenes Fiepen von mir zu geben. Mit vor Schreck aufgerissenen Augen robbte ich rückwärts, bis ich an eine Wand prallte Dei..dein..Fre..Freund ist..ist ein Fleischfresser?! Entsetzen und Unglauben wechselten im Ton meiner Stimme,welche piepsig und schrill hervor kam. Warum sollte sich ein Fleischfresser mit einem Pflanzenfresser anfreunden? Ich wette der spielt seine Freundlichkeit nur, damit er näher an Nano heran kam um sie fressen zu können!

Ach, kein Problem. Ich seufzte bei Tategamis Reaktion leicht und drehte mich zu ihr um, eine Hand in die Hüfte gestemmt. Ja, das ist Toru, ich hab eine Menge Freunde, die Fleischfresser sind Er wird dir nichts tun, warum sollte er auch? Aus dem Augenwinkel bemerkte ich Darrine, der wohl mit Toru gekommen war, und warf ihm ein kurzes Lächeln zu, ich kannte ihn aus dem Manga Club.

Ich grummelte etwas unverständliches, trat dann aber einen Schritt zur Seite, als ich die anderen bemerkte. Ach, sie meint er! Meine Rute schwang kurz von rechts nach links und ich erwiederte das Lächeln des Zebras. Als die kleinere Mitschülerin (Tategami) schrill ihren Unglauben aussto und sich an die nächste Wand flüchtete, machte ich einen Schritt nach hinten und drehte meine Ohren weg.

"Wenn ich dir was tun würde, wäre ich in größeren Schwierigkeiten als du", dachte ich, aber ich sagte es natürlich nicht. "Du brauchst dich nicht zu fürchten. Solange du nicht dem Judoclub beitrittst, werde ich dich nicht anrühren", versicherte ich und achtete wie gewohnt darauf, beim Reden nicht mein Gebiss zur Schau zu stellen. Darrine fand sich nicht an meiner Seite ein, was ich auch nicht erwartet hatte. "War das wirklich eine gute Idee?", fragte ich mich, als ich wieder zu dem Kaninchen sah, welches in ihrem Angstschweiß zu ertrinken schien. "Ich heiße Toru Kurotsuchi. Ich bin Junior an dieser Schule. Und du bist?" Ich lächelte sie mit verschlossenen Lippen an, machte aber keine Anstalten, meine Körperhaltung zu verändern.

Ich starrte Nano an. Warum er mir etwas tun sollte? Er..er ist ein Fleischfresser. Erwiderte ich dann, während ich mich dichter an die Wand drängte. Ja es mochte Schubladen-Denken sein, doch kleine Tiere wie ich standen nunmal bei den Raubtieren an dieser Schule als Snack ganz oben - davon war ich fest überzeugt. Auch wenn in den Schulregeln stand, dass kein Fleischfresser einem Herbivore etwas antun durfte - so glaubte ich nicht an diesen Frieden. Nano mochte sich ja vielleicht noch verteidigen können, doch ich hatte weder wirkliche Krallen noch Zähne, mit denen ich einem Fleischfresser hätte Schaden zufügen können. Allein die Begegnung mit dem Waschbären und der Hyäne hatte mir bewiesen dass die Fleischfresser sich nur friedlich gaben, aber bei jeder sich bietenden Möglichkeit die Herbivore töten und fressen würden. Mein Näschen zuckte und ich huschte hinter Nano, versteckte ich dort vor Toru. War..warum sollte ich dir meinen Namen nennen? Du willst mich doch eh nur fressen! Da ist es doch egal wie ich heiße!

meine Miene wurde langsam düster, ich hasste solche Vorurteile, ich nahm das gerne persönlich. Natürlich wusste ich wie unsere Welt eigentlich aussah, doch nicht alle Fleischfresser waren böse und ich mochte es gar nicht, wenn jemand so etwas behauptete. das war nun auch der Grund warum ich von Tategami wegtrat und ihr damit meine Beine als Schutz versagte. Könntest du mal diese scheiß Vorurteile lassen? Nicht alle Fleischfresser sind böse oder aggressiv oder sonst so ein Mist.

"Diese Unterstellung ist eine Beleidigung", merkte ich an. "Cherryton Academy ist ein Symbol für friedliches Zusammenleben zwischen den Arten", erklärte ich stolz. Ich blieb weiterhin voll erhoben. Immerhin war ich zwei Jahrgänge über dem Mädchen.

Ich hielt mich im Hintergrund, machte sogar einen Schritt zur Seite um etwas hinter dem großen Wolf zu stehen. Umstehende, andere Schüler schienen die Interaktionen zu beobachten, vielleicht bildete ich mir das aber auch nur ein. Jedenfalls ließen mich die Worte des Kaninchens schwer schlucken. Waren wir Carnivoren wirklich so schlimm?

Ich ließ die Ohren hängen bei Nanos Reaktion und pokte dann meine Hände aneinander. Ich..ich habe dir doch die Sache mit..mit meinem Schal erzählt. Wenn..wenn der Lehrer nicht gekommen wäre, hätten der komische Hund und der Waschbär mich sicher gefressen! brachte ich dann schließlich hervor, jedoch eher mit sehr leiser Stimme. Auch wagte ich nicht aufzublicken. Warum sollten sich Fleischfresser anders verhalten? Kleine Tiere wie..wie ich sind für die doch nur Snacks.. Ich schluckte sichtbar und zuckte unsicher mit dem Schweif, während ich unruhig mit der rechten Hinterpfote auf den Boden zu trommeln begann. Er wird mir beweisen müssen, dass er anders ist! Worte allein reichen nicht! Trotzig sah ich nun doch auf, wobei ich gerade mal weit genug nach oben sehen konnte um einigermaßen Torus Brust sehen zu können. Ich zögerte einen Moment, ehe ich näher an Toru heran hoppelte - wie immer auf allen vieren - um dann an seiner Hose zu zupfen und mit der freien Hand eine winkende Bewegung zu machen. Runter!

Hätten sie nicht, keiner hier ist so dumm sowas mitten am Schulgang zu machen. Natürlich war es auch an dieser Schule schon vorgekommen, dass ein Pflanzenfresser getötet wurde, doch niemand wäre so blöd das vor allen anderen zu tun. Ich verdrehte genervt die Augen, Tategami verlor auf meiner persönlichen Beliebtheits-Skala mit jedem Moment mehr Punkte. Genau genommen muss Toru gar nichts. Das war doch lächerlich. Toru hatte ihr nichts getan und wenn das mit dem Schal ihr schlimmstes Zusammentreffen mit einem Fleischfresser gewesen war verstand ich ihr Verhalten nur noch weniger.

Immer mehr zweifelte ich daran, dass das eine gute Idee gewesen war. Das Karnickel murmelte Nano irgendetwas zu und kam dann auf allen vieren an mein Bein gerannt. Ich wartete immernoch auf eine Entschuldigung für ihre diffamierende Unterstellung, als die Erstklässlerin auf die Idee kam, mir eine Forderung zu stellen. Ja, ich setzte mich für Frieden zwischen Herbivoren und Carnivoren ein, aber dass hieß nicht, dass ich mich respektlos behamdeln lassen würde. Immer mehr Mitschüler beobachteten mich.
Auf die Zwergin an meinen Schuhen zeigte ich jedoch keine Reaktion und sah stattdessen zu der Zebradame. Streng genommen hatte sie mich in diese Situation gebracht, aber sie wirkte auch nicht, als hätte sie damit gerechnet.

Fröhlich sprang ich durch die Gänge der Schule auf dem Weg in die Cafeteria. Immer wieder mussten mir einige Schüler ausweichen und sahen mir hinterher. Ich musste aber auch einen wirklich komischen Anblick geben, wie ich in tollkühner Ausgelassenheit immer wieder von einem Bein aufs andere sprang und mich mit einem ordentlichen Tempo durch die Reihen der Schüler schlängelte. Die Ausdrücke in ihren Gesichtern reichten von Verwirrung bis zur Entgeisterung. Doch das war mir in meinem Euphorieschub völlig gleich. Zuletzt nahm ich drei Treppenstufen auf einmal, dann stand ich vor der breiten Tür.

Mit Schwung stieß ich sie auf und starrte aufmerksam auf die vielen Personen, die sich hier zum Mittagsmahl eingefunden hatte. Darrine entdeckte ich an unserem Stammplatz, direkt hinter seinem Mitbewohner Toru. Sie standen einem Zebra und einem Kaninchen gegenüber - an ihren Körperhaltungen erkannte ich, dass da anscheinend ein kleiner Konflikt entstanden war. Das Zebra kannte ich sogar. Wir waren im selben Club. Hieß sie Nano? Worum es bei dem Streit ging, war nicht schwer zu erraten. Wie dem auch sei, ich ließ mir nichts anmerken. Gut gelaunt näherte ich mich der Versammlung von hinten und sprang Darrine feixend an. Ich warf meine Arme über seine Schultern und stieß ein helles Heulen aus. "Hab dich gefunden!". Lachend ließ ich meinen Freund auch gleich wieder los und stellte mich an seine Seite. Neugierig musterte ich Nano und ihre Kaninchenfreundin: "Tag Toru - hast du neue Freunde gefunden?". Breit lächelte ich das Kaninchen an und entblößte dabei ein wenig von meinen Fangzähnen - die Wirkung war mir natürlich klar. Aber ein bisschen Spaß muss man ja mal haben.

Die Worte des Kanickels lösten eine Welle an Gefühlen bei mir aus. Diese Unterstellungen und die darauf folgenden Vorderungen waren für mich völlig unverständlich. Meine gesamte Haltung wurde Steif und ich fing an die Erstklässlerin anzustarren, mein Instinkt auf Hochturen laufend. Am liebsten hätte ich mich zwischen sie und meinem Zimmergenossen geschoben und ihr mächtig die Meinung gegeigt, denn niemand sprach so mit meinen Freunden. Langsam und unauffällig ballten sich meine Hände zu Fäusten, bereit das Kaninchen zu packen, zu schütteln und etwas Vernunft in ihren kleinen Schädel zu bringen. Das einzige was mich davon abhielt war mein Verstand. Toru würde das allein regeln können, ja sogar müssen, wenn er der nächste Beastar werden wollte und ich wäre ihm dabei wohl bei weitem keine große Hilfe. Doch bevor ich auch nur irgendetwas hätte tun können, wurde ich von hinten angesprungen und ein helles Heulen drang in meine Ohren. Reflexartig schnellte mein Kopf herum, mit geöffnetem Maul, bereit meinen "Angreifer" abzuwehren. Doch keine Sekunde später erkannte ich die mir so vertraute Stimme. Dona. Augenblicklich entspannte sich meine gesamte Körperhaltung und ich stieß ihr sanft den Ellenbogen in die Seite. "Bist du wahnsinnig? Du kannst mich doch nicht so erschrenken." Mein Herzschlag hatte sich deutlich erhöht und schoß noch mehr in die Höhe als ich das Lächeln meiner Freundin sah. "Nicht..", warnte ich sie leise und drehte meine Ohren nach hinten, während ich den Block senkte. Ich stellte mich seitlich zu dem kleinen Herbivoren, sodass meine Vorderseite zu Diona zeigte.

Ich seufzte und senkte dann meine Pfötchen Mein Vater hat immer gesagt, dass man durch die Augen eines Wesens erkennt, wie dessen Seele ist - wie derjenige wirklich denkt. Aber von hier unten kann ich deine Augen nicht sehen. Wie soll ich da wissen dass du es ehrlich meinst? Ich ließ meine Ohren hängen. Solange ich nicht weiß, ob du es ehrlich meinst bist und bleibst du nicht viel mehr als ein fleischfressendes Monster für mich! Damit wand ich mich ab und warf Nano einen kurzen Blick zu, schüttelte dann meinen Kopf. Diona schien ich entweder nicht zu bemerken oder gar zu ignorieren. Ich gehe wieder aufs Zimmer.. murmelte ich dann und wollte meinen Worten sichtbar folge leisten. Auch wenn ich großen Hunger hatte. Solange diese Fleischfresser mit in der Kantine waren, würde ich diese sicher nicht betreten.

Ich massierte mir mit zwei Fingern die Stelle zwischen den Augen und sah Toru dann entschuldigend an. Sorry Mann, das war eine dumme Idee, ich machs wieder gut. Ich seufzte und schüttelte den Kopf. Wir sehen uns im Zimmer Tategami. Es war schade, dass wir nicht zusammen essen konnten, doch ich sah immer noch nicht ein, warum sie Toru auf die Knie zwingen wollte, Augen-Seelen-Mist hin oder her. Ich bemerkte natürlich wie Darrine von hinten angefallen wurde und erkannte den Wolf-Schäferhund-Mischling auch. Diona, aus dem Manga-Club. Ich hob grüßend die Hand und steckte dann beide Hände in die Taschen meines Kleides. Ich vermisste meine Hosen.

Mit zu Schlitzen verengten Augen sah ich der Erstklässlerin hinterher, reagierte dann aber auf Nano. "Keine Ursache. Ich glaube dir, dass du nicht damit gerechnet hast. Wir können trotzdem Essen gehen, wenn wir schonmal hier sind." Mein Blick folgte ihren Händen, die in den Falten des Kleides verschwanden.

Wie immer huschte ich möglichst nahe an der Wand entlang, während ich mich mehr und mehr von der Gruppe entfernte. Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn wir mit anderen Herbivoren essen gegangen wären..aber mit Carnivoren? Dann auch noch mit welchen, die nicht mal beweisen wollten, dass sie nicht vor hatten mich oder andere Herbivore zu fressen! Ich schauderte und duckte mich weg, ehe ich auf alle Viere fiel und so schnell meine Pfötchen mich trugen Richtung Zimmer lief.

--> Schlafräume der Herbivore /Mädchentrakt/Zimmer 1

Gehen wir rein. Wollen Darrine und Diona mitkommen? Fragend sah ich allerdings nur Toru an, er hatte Darrine mitgebracht und die beiden schienen sehr mit sich selbst beschäftigt zu sein, also wollte ich sie nicht stören ohne den Ursprungsplan zu kennen.

Gerade kam ich im Flur an, welcher zur Cafeteria führte, da huschte ein Kaninchen an mir vorbei. Unsicher sah ich einen Moment diesem nach, doch wand mich dann wieder um, nur um prompt mit der Nase irgendwo gegen zu stoßen. Immerhin war ich die ganze Zeit weiter gegangen. Ich gab einen erschrockenen, meckernden Laut von mir und blinzelte dann. Mein Nackenfell stellte sich auf, wodurch auch mein "Irokese" sich aufstellte. Tut mir leid.. Der Tiger, gegen welchen ich gelaufen war, sah nur mit grimmigen Blick zu mir herab, ehe er schnaubte und sich dann mit seinen Freunden weiter unterhielt. Uff.. Ich machte einen Bogen um die kleine Gruppe und ging weiter. Bald erreichte ich den Eingang der Cafeteria und sah einen Moment überrascht drein. Oh..Suto-Senpai! Kurotsuchi-Senpai! Erkannte ich die beiden älteren Schüler, welche ich aus dem Manga-Club kannte. Höflich neigte ich meinen Kopf und sah dann zu Darrine und auch Diona. Auch die beiden waren im Manga-Club, wobei Darrine sogar in der selben Stufe wie ich war. Ich zuckte kurz mit den Ohren und wedelte ein wenig mit dem Schweif, abwartend ob die vier mich bemerken würden.